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Fachkräftemangel in der Pflege beheben

Fachkraeftemangel Pflege beheben, BZ-Stix

Gibt es erfolgversprechende interne Strategien für die Mitarbeiterbindung – den Fachkräftemangel in der Pflege beheben – geht?

Ja, denn Mitarbeiter in der Einarbeitungszeit und Auszubildende im Praxiseinsatz haben sich schon für den Pflegeberuf entschieden.

Die wichtigste Hürde ja schon genommen, die Berufswahl. Deshalb ist eher die Frage, wie kann ich als Einrichtungsleitung, als Team dafür sorgen, dass diese Mitarbeiter bleiben? Nach der Einarbeitung und am Ende der Ausbildungszeit. Fachkräftemangel in der Pflege beheben – gibt es Möglichkeiten?

Mehr als 30.000 Pflegefachkräfte fehlten schon 2021 – Fachkräftemangel in der Pflege, die Tendenz ist steigend.

Dieser Mangel kann nicht sofort, jedoch langfristig behoben werden. Es gibt viele Faktoren die für den Fachkräftemangel eine Rolle spielen, wie anhaltende Personalmangelkompensation mit Stress, Schichtarbeit und Familie, Karrierechancen und nicht zuletzt die Bezahlung.

In der Einrichtung, ob Krankenhaus oder Altenpflege gibt es zwei wirkungsvolle Hebel, die wir betätigen können um Mitarbeitern für einen attraktiven Arbeitsplatz zu begeistern um den Fachkräftemangel zu beheben:

  1. Einarbeitung neuer Mitarbeiter
  2. Gute Praxisanleitung für und damit Bindungsaufbau zu Auszubildenden

Der große Vorteil ist sichtbar: Beide Gruppen haben sich schon für den Pflegeberuf entschieden. Das bedeutet, dass sie sich schon mit den ganzen zuvor erwähnten Hürden auseinandergesetzt haben.

Sind diese neuen Mitarbeiter in der Einrichtung gelandet, haben Einrichtungsleitungen, Pflegedienstleitungen, Stations- und Wohnbereichsleitungen und alle Fachkräfte eines Teams hier die Aufgabe der freundlichen Begleitung um eine Willkommenskultur im Praxisalltag zu etablieren. Denn fühlt sich der/die „neue“ MitarbeiterIn willkommen und gut angeleitet, geht sie/er eine emotionale Bindung ein. In meinen Seminaren höre ich häufig „beim einen klappt es, beim anderen weniger“. Darauf möchte ich mehr Aufmerksamkeit lenken.

Denn unterm Strich ist es preisgünstiger, Zeit für eine gute Einarbeitung/Praxisanleitung zu gestalten, als den anhaltenden Personalmangel zu kompensieren.

Natürlich gibt es keine Garantie, dass alle gut angeleiteten neuen Mitarbeiter und Auszubildende in der Einrichtung bleiben, doch die Chancen erhöhen sich signifikant bei guter Einarbeitung.

Hier ein kurzer Überblick zu unterstützenden Ideen für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die wenn sie beachtet werden, neue Mitarbeiter sehr beeindrucken

  1. Ein Willkommensfrühstück mit allen Mitarbeitern einer Schicht mit Vorstellungsrunde
  2. Für alle im Team soll klar sein, dass die Einarbeitung 6 Wochen dauert und bis dahin der/die neue MitarbeiterIn JEDE Unterstützung von allen im Team bekommt
  3. Wir haben in unserem Team das Konzept der „Patenschaft“: ein langjähriger Mitarbeiter meldet sich freiwillig als Vertrauensperson für die ersten 6 Wochen
  4. Der/die PraxisanleiterIn begleitet die 6 Wochen Einarbeitungsphase anhand des Einarbeitungsleitfadens und kann auch die Vertrauensperson sein
  5. alle zentralen Pflegemaßnahmen müssen von jeder neuen Pflegekraft in der Einarbeitungszeit zumindest einmal demonstriert werden, damit sie sich daran gewöhnt unter Beobachtung zu arbeiten – davon profitieren später neue Mitarbeiter, Auszubildenden und auch Angehörige
  6. Die Einarbeitungszeit teilt sich auf in Trainings- und Etablierungsphase mit empathischem Abschlussgespräch nach 6 Wochen
  7. Teambeteiligung bei der Aufnahme des neuen Mitarbeiters ins Team

weitere Hinweise gibt es für Führungskräfte zur Mitarbeiterorientierten Führung …

Fachkräftemangel in der Pflege beheben – ein Weg ist die Pflegekräfte von morgen gut anzuleiten

Neben allen Aspekten die schon bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter eine große Rolle spielen, kenne ich Praxisanleiter die das Willkommen für neue Auszubildende sehr herzlich gestalten. Es wird mit einem gemeinsamem Frühstück begonnen, „ältere“ Auszubildende agieren als Paten, kleine Geschenke wie Kuli mit Logo des Betriebs und ein Notizbuch als Terminkalender erleichtern das Ankommen.

Das ist kein Garant für die ganze Ausbildungszeit. Doch ein solcher Bindungsaufbau zu Beginn der Ausbildung gibt das Signal dass Empathie, Respekt und Interesse am Neuankömmling zum Pflegeleitbild der Einrichtung passen.

Sind die Auszubildenen im Praxiseinsatz gilt auch hier ein Umdenken.

Meine Ausführungen stammen aus meiner Beobachtung von vielen Seminartagen mit unterschiedlichen Praxisanleitern in den jährlich wiederkehrenden 72 Std.-Fortbildungen. Hier bekomme ich mein Wissen zu folgenden ungünstigen Situationen für Auszubildenden ab dem 4. Semester: Personalmangel wird kompensiert mit dem vollen Arbeitseinsatz der Lehrlinge. Zeit für Anleitung von Behandlungspflege bleibt kaum, denn die Praxisanleiter kompensieren den Mitarbeitermangel auch selbst und sind oft die einzige Fachkraft im Wohnbereich. Das bedeutet auf lange Sicht, dass nicht optimal ausgebildete junge Pflegekräfte schon vor ihrem Eintritt ins Berufsleben die Hoffnungslosigkeit der Menschenversorgung unter Zeitstress kennenlernen. Einmal die Prüfung geschafft ist das Verbleiben in der Ausbildungseinrichtung unwahrscheinlich. Meist besteht noch die Hoffnung, dass der Stresspegel an einem anderen Arbeitsplatz anders ist. Pflegequalität überprüfen mit einem Klick? Geht. Mittels der Pflegestandards des PQSG.

Weiter denken lohnt sich auch hier: Ohne sorgfältige Anleitung in der Ausbildung entstehen Wissenslücken die als examinierte Pflegekraft dann kompensiert werden müssen ggf. auch da zu Überforderung führen – weiterer Stress ist dann vorprogrammiert.

Die Not der Einrichtungen ist sichtbar, der Versuch der Verantwortungsdelegation an Auszubildende kurz vor der Prüfung verständlich. Auf lange Sicht bleibt so der Pflegekräftemangel jedoch erhalten.

Natürlich habe ich auch von Praxisanleitern gehört, die ihre Lehrlingsbegleitung optimal gestalten können. Jedoch bleiben sie in der Minderheit. Trotzdem ist es mir wichtig anzumerken, dass dies meine Sichtweise ist, die ich in meinen Seminaren (23 Jahre Lehrtätigkeit) erfahre.

Was kann im Wohnbereich, in der Station/im Wohnbereicht getan werden, damit sich Auszubildende nach ihrer Lehrzeit für den Lehrbetrieb entscheiden? Der Fachkräftemangel in der Pflege gelöst wird?

Einige Lösungswege scheinen offensichtlich, andere möchte ich im folgenden erläutern. Zusammengefasst lässt sich sagen dass Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz entsteht mit passenden Arbeitszeitmodellen vor allem für Familienmitarbeitern mit Kindern im Kindergarten- und Schulalter. Die Möglichkeit vom Wiedereinstieg nach der Kinderpause an den Wunscharbeitsplatz. Weiterhin eine attraktive Karriereförderung auch für Mütter und transparente, angemessene Verdienstmöglichkeiten. Betriebliche Gesundheitsfürsorge wäre noch zu nennen mit Zukunftsperspektiven für das (gesunde) Verweilen im Pflegeberuf. Und nicht zuletzt unser Thema, die erfolgreiche Nachwuchsförderung in der Praxisanleitung und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter.

Was erleichtert die Entscheidung im Ausbildungsbetrieb zu bleiben?

So sieht ein attraktiver Arbeitsplatz in der Pflege aus:

Der Weltverband der Pflegeberufe (ICN) hat in seinem Strategiepapier 2018 veröffentlicht, dass es Universallösungen von der Stange für die Mitarbeiterbindung nicht gibt. Ebensowenig ist die Höhe der Entlohnung das wichtigste. Besser gesagt, eine gelungene Mitarbeiterbindung kann mit kleineren Maßnahmen deutlich verbessert werden und zwar im Betrieb.

Hier die Auswahl: 

  • Verlässlicher Dienstplan, der eine gute Planbarkeit des Familienlebens ermöglicht
    Familienfreundliche Organisation der Schichtdienstmodelle (z. B. Sonderregelungen in Kleinkindphase)
    Flexible Arbeitszeiten (z. B. Möglichkeit, auch mal um 10 Uhr anzufangen)
    Wenig Sonn- und Feiertagsarbeit (Mitarbeiter mit anderen Arbeitsverträgen kompensieren die unattraktiven Zeiten)
    Wenig Nachtschichten, Einsatz von Dauernachtwachen
    Viele Varianten an Teilzeitarbeits-Möglichkeit (z. B. 80 %, 70 %, 60 %, 50 %)
    Angebot von Unterstützung bei Kinderbetreuung
  • Gute Vereinbarkeit mit Privatleben/Work-Life-Balance
    Angebot von Jahresarbeitszeit- oder Lebensarbeitszeitkonto-Modelle
  • Guter persönlicher Kontakt zu Patienten/Zeit für den Menschen
    Hohe Qualifikation der Kollegen bei Schichtbesetzung
    Geringer Altersdurchschnitt der Kollegen bei Schichtbesetzung
  • Anzahl der Kollegen bei der Schichtbesetzung/Personaldecke
    Wenig pflegeberufsfremde Tätigkeiten (z. B. Bestellabwicklung, Materialsortierung, hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Grundreinigungsarbeiten)
  • Moderne und gute Arbeitplatzausstattung
    (z. B. Arbeitshilfen wie Lifter, verstellbare Betten, IT)
    Verantwortungsübernahme/Möglichkeit sich einzubringen
  • Wenig Stress
  • Selbstständigkeit bei alltäglicher Berufsausübung
    Abwechslung & Anspruch im Alltag
  • Einarbeitungskonzepte
    Familiäre Atmosphäre im Team (eigene Station)
  • Kollegiale Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten
    Kollegiale Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal und mit der Verwaltung
  • Gute interdisziplinäre Kooperation zwischen den Fachabteilungen und Stationen
    Wertschätzung von Leistung auf Tagesebene/Lob und Anerkennung durch Vorgesetzte
  • Stellenwert und Wertschätzung des Pflegepersonals im Krankenhaus/Pflegeheim
    Nicht-autoritärer Führungsstil des/der Vorgesetzten
  • Positionierung der Berufsgruppe Pflege in Entscheidungsgremien des Hauses
    (starke Stellung der Pflegedienstleitung/-direktion)
  • Aufstiegs- und Karrierechancen zur Führungskraft
    (z. B. Stationsleitung, Pflegeleitung)
    Fort- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten zur Spezialkraft
    (z. B. Fachkraft für OP-Pflege/Anästhesie)
  • Ortsnähe des Arbeitsplatzes/gute Erreichbarkeit
  • Verdienstmöglichkeiten/Einkommenshöhe
    Unbefristeter Arbeitsvertrag
    Sicherer Arbeitsplatz

Eine wahrlich stattliche Liste.

In anderen Branchen sind manche Punkte kein Thema, die in der Pflege noch nicht geregelt sind.

Das ist der Weg, Mitarbeiter für den Betrieb zu begeistern und Auszubildende nach einer qualitativ guten Ausbildung im Betrieb zu halten und damit

Fachkräftemangel in der Pflege erfolgreich beheben.

Somit richtet sich mein Seminartag an ganze Teams und/oder Leitungskräfte für die Erarbeitung einer langfristigen Verbesserung

 

Hinweis der Dozentin: Jeden Beitrag habe ich gemäß meiner Erfahrung und meines Wissens geschrieben. Seit 23 Jahren sehe ich in meinen Seminaren als Dozentin für Pflegeberufe jährlich >1500 Mitarbeiter. Für Stammkunden – teilweise über Jahre – arbeite ich an den Konzepten der Mitarbeiterentwicklung mit. Aus diesem Blickwinkel sind meine Beiträge entstanden und das Angebot meines Wissens. Manche Vereinfachung von Sachverhalten, auch kleinere Unschärfen gehen an die Kürze und leichte Verständlichkeit der Berichte. Ein Blick in meine Seminarausschreibungen geben mehr und genauere Informationen, mehr noch in den Seminaren selbst. Andere Berufsgruppen in der Bewohner- und Patientenversorgung mögen eine unterschiedliche Sichtweise haben, die ich schätze und auch gerne für beide Seiten bereichernd diskutiere. Schreiben Sie an info@horvath-pflege.com.

 
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