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Bundesempfehlung zur Personalberechnung in der Altenhilfe

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Personalbedarf und Wirklichkeit in der Altenhilfe

Die Personalbesetzung in der Altenhilfe ist in vielen Einrichtungen in Deutschland ein großes Problem. Es gibt einen erheblichen Personalmangel, der sich negativ auf die Qualität der Versorgung und Betreuung älterer Menschen auswirken kann.

Die Ursachen für den Personalmangel sind vielfältig. Zum einen steigt die Anzahl älterer Menschen in Deutschland aufgrund des demografischen Wandels stetig an. Daraus entsteht ein höherer Bedarf an Personal in der Altenhilfe. Zum anderen sind die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung oft nicht attraktiv genug. Fachkräfte wandern ab.

Dieser Personalmangel kann sich negativ auf die Versorgungsqualität und die Lebensqualität der älteren Menschen in den Einrichtungen auswirken. Es kann dazu führen, dass nicht genug Zeit für eine individuelle und bedarfsgerechte Betreuung zur Verfügung steht. So fühlen sich Bewohnerinnen und Bewohner sich vernachlässigt. Auch steigt das Risiko für Stürze, Dekubitus und andere Gesundheitsprobleme aufgrund fehlender Betreuung.

Es ist daher von großer Bedeutung, den Personalmangel in der Altenhilfe zu bekämpfen. Dies erfordert auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung in diesem Bereich.

Personalbedarf in der Altenhilfe und Personalbemessung

In Deutschland wird der Bedarf an Personal in der Altenhilfe durch die sogenannte Personalbemessung ermittelt. Die Personalbemessung dient dazu, eine angemessene Personalausstattung in den Einrichtungen der Altenhilfe sicherzustellen und somit eine gute Versorgung und Betreuung der älteren Menschen zu gewährleisten.

In den letzten Jahren gab es verschiedene Diskussionen über die Personalbemessung in der Altenhilfe, da vielerorts ein Personalmangel herrscht. Einige Bundesländer haben bereits neue Personalbemessungsverfahren entwickelt und eingeführt.

Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte „Berliner Modell“, das seit 2019 in Berlin angewendet wird.

In anderen Bundesländern wie Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz gibt es ebenfalls Überlegungen, die Personalbemessung zu reformieren und an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen.

Generell wird in der Diskussion um die Personalbemessung in der Altenhilfe oft betont, dass es wichtig ist, eine angemessene Personalausstattung sicherzustellen für eine gute Versorgung und Betreuung. Gleichzeitig gibt es Diskussionen darüber, wie die Kosten für eine höhere Personalausstattung finanziert werden können. (Anmerkung der Dozentin: wieviel Träger der Altenhilfe sind börsennotierte Unternehmen, ich kenne vier und weiter hier?)

Personalbedarf in der Altenhilfe – Berechnung nach dem „Berliner Modell“

Das „Berliner Modell“ zur Personalberechnung in der Altenhilfe wurde 2019 in Berlin eingeführt und soll sicherstellen, dass eine angemessene Personalausstattung in den Einrichtungen der Altenhilfe vorhanden ist. Das Modell basiert auf verschiedenen Kennzahlen und Faktoren, die in die Berechnung einfließen.

Zu den wichtigsten Kennzahlen gehören die Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung, der Grad der Pflegebedürftigkeit, der Pflegeaufwand, die Arbeitszeit des Personals und die Qualifikation des Personals. Diese Kennzahlen werden miteinander verrechnet, um den Personalbedarf der Einrichtung zu ermitteln.

Das Berliner Modell berücksichtigt dabei auch die unterschiedlichen Anforderungen an das Personal in verschiedenen Bereichen der Altenhilfe. So ist die Berechnung anders in der stationären Pflege oder in der ambulanten Betreuung. Auch die Flexibilität des Personals und die Verfügbarkeit von Vertretungskräften werden in die Berechnung mit einbezogen.

Das Ziel des Berliner Modells ist es, eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Betreuung älterer Menschen in den Einrichtungen der Altenhilfe sicherzustellen. Eine angemessene Personalausstattung soll dazu beitragen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner eine individuelle und bedarfsgerechte Versorgung erhalten und sich gut aufgehoben fühlen.

Personalbedarf in der Altenhilfe – wer kontrolliert die Berechnung nach „Berliner Modell“?

In Berlin gibt es verschiedene Stellen, die die Personalberechnung in den Einrichtungen der Altenhilfe nach dem Berliner Modell kontrollieren und überwachen.

  • Zum einen ist die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin für die Umsetzung und Überwachung des Berliner Modells zuständig. Die Senatsverwaltung gibt Empfehlungen zur Personalbemessung heraus und überprüft die Umsetzung in den Einrichtungen.
  • Des Weiteren gibt es die Pflegekammer Berlin, die die Interessen der Pflegekräfte vertritt und auch die Einhaltung der Personalbemessung überwacht. Die Pflegekammer Berlin setzt sich für eine bedarfsgerechte Personalausstattung in den Einrichtungen der Altenhilfe ein und unterstützt die Pflegekräfte bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
  • Auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist in die Überwachung der Personalbemessung in den Einrichtungen der Altenhilfe eingebunden. Der MDK führt regelmäßige Qualitätsprüfungen in den Einrichtungen durch und überprüft dabei auch die Personalausstattung.
  • Zusätzlich gibt es unabhängige Prüf- und Überwachungsstellen, die von den Einrichtungen beauftragt werden können, um die Umsetzung der Personalbemessung zu überprüfen.

Insgesamt soll durch die Überwachung und Kontrolle der Personalbemessung nach dem Berliner Modell sichergestellt werden für eine bedarfsgerechte Personalausstattung.

Damit eine qualitativ hochwertige Betreuung und Versorgung der älteren Menschen gewährleistet wird braucht es so viele Kontrollgremien? Wer kontrolliert was? Stehen die sich nicht im Wege? Gibt es die richtigen Absprachen? Kontrolliert am Ende niemand, da sich jede Stelle auf die andere verlässt?

Fragen über Fragen!

Personalbedarf in der Altenhilfe und GKV Spitzenverband am 23.02.2023

Gemeinsame Empfehlungen nach § 113c Absatz 4 SGB XI, zum Inhalt der Rahmenverträge nach § 75 Absatz 1 SGB XI i. V. m.
§ 113c Absatz 5 SGB XI in der vollstationären Pflege.

Die Bundesempfehlung zur Personalbemessung liegen also vor gibt es nun ein Aufatmen?

Das Wort „Empfehlung“ lässt ahnen, wie sicher die Bemessungsgrundlage für eine Schichtbesetzung ist.

Ein Auszug aus den 7 Seiten gemeinsamen Empfehlungen (gelegentlich mit Kommentar):

  • In den Pflegesatzvereinbarungen nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 SGB XI ist ab dem 1. Juli 2023 mindestens eine personelle Ausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal (Mindestpersonalausstattung) zu vereinbaren, die sich aus den Personalanhaltswerten ergibt
  • Zur Mindestpersonalausstattung zählen auch Mitarbeiter mit Sonderfunktionen, die – normalerweise – von der direkten Patienenversorgung ausgenommen sind, pflegeverantwortliche Pflegefachperson, Qualitätsmanagement (Qualitätsbeauftragte/r), Hygienemanagement (Hygienebeauftragte/r) – Praxisanleiter sind nicht extra genannt
  • Die Pflegeeinrichtung kann abweichend von Absatz 1 unter Beachtung von § 113c Absatz 2, SGB XI höhere Personalanhaltswerte vereinbaren. (wenn die Personaldecke ausreichend ist)
  • Als Mindestpersonalvorgaben für die Pflegesituation in der Nacht gelten die heimrechtlichen Vorgaben des jeweiligen Landes. Die Rahmenvertragspartner nach § 75 Absatz 1 SGB XI legen im Rahmen der Sicherstellung eine angemessene personelle Ausstattung des Nachtdienstes fest. Besondere Bedarfe wie Einrichtungsgröße und Raumsituation sind zu berücksichtigen und dürfen nicht zu Lasten des Tagdienstes führen
  • Für die Versorgung von Personengruppen mit besonderen Bedarfen kann auf Grundlage von Einrichtungskonzeptionen aufgrund vereinbarter Versorgungsschwerpunkte von den Personalanhaltswerten nach den Absätzen 1 bis 5 abgewichen werden.

Personalbedarf in der Altenhilfe – wer ist Fachkraft, wer ist Hilfskraft

  • Als Fachkraftpersonal gemäß § 113c Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB XI gelten Personen mit folgenden Berufsabschlüssen:
    • Hochschulische Pflegeausbildung nach Teil 3 PflBG,
    • Berufliche Ausbildung in der Pflege nach Teil 2 PflBG, nach § 64 PflBG bzw. entsprechend der Vorgängergesetze fortgeltende Berufsbezeichnungen,
    • anerkannte im Ausland absolvierte Pflege-Fachausbildungen, Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialbereich. Das betrifft z. B. Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Altentherapeutin, Altentherapeut, Heilerzieherin, Heilerzieher, Heilerziehungspflegerin, Heilerziehungspfleger, Heilpädagogin, Heilpädagoge, Sozialarbeiterin, Sozialarbeiter, Sozialpädagogin, Sozialpädagoge, Sozialtherapeutin und Sozialtherapeut oder
    • mit einer vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung, gelten als Fachkraftpersonal, soweit sie nach heimrechtlichen Vorgaben zu den Fachkräften im Bereich Pflege und Betreuung zählen.
  • Vorbehaltsaufgaben der Pflegefachkräfte nach § 4 PflBG sind zu berücksichtigen.
  • Als Hilfskraftpersonal mit landesrechtlich geregelter Helfer- oder Assistenzausbildung in der
    Pflege mit mindestens einem Jahr Ausbildungsdauer gemäß § 113c Absatz 1 Satz 1
    Nummer 2 SGB XI gelten Personen mit folgenden Berufsabschlüssen:

    • im jeweiligen Land absolvierte Helfer- oder Assistenzausbildungen in der Pflege, die im jeweiligen Land mit mindestens 12 und höchstens 35 Monaten Ausbildungsdauer geregelt sind
    • anerkannte Berufsabschlüsse, die in anderen Bundesländern erworben wurden
    • durch landesrechtlich geregelte Externenprüfung, im jeweiligen Land im Sinne von Nummer 1 anerkannte Berufsabschlüsse, die im Ausland erworben wurden

Personalbedarf in der Altenhilfe – profitieren die Pflegekräfte von der Neuregelung?

Gibt es überhaupt eine Verbesserung für die Pflegekräfte selbst durch die neue Berechnung, ob Fachkraft oder Hilfskraft? Ich meine NEIN – ich kann auch ganz falsch liegen. Doch ich glaube nicht, dass der Stellenschlüssel/Schicht mit dieser Berechnung, diesen weich-gerechneten Bedingungen und 4 Kontrollinstanzen besser wird.

Was ich sehe, ist eine Erweiterung der Zulassungen von Fachkräften für die stationäre Altenhilfe auf vielfache Art und Weise. Die Schwierigkeiten mit dem Einsatz von nicht-deutsch-muttersprachlich Pflegefachkräften ist heute schon eine Bürde – wer dokumentiert, wenn sie die einzige Fachkraft ist.

Ich lebe schon sehr lange 50:50 des Jahres in Griechenland spreche fließend Alltagsgriechisch. An einer Pflegedokumentation würde ich scheitern. Dazu kommt noch das: ich kann mir eine Entspannung für die Dienstplanung nur schwer vorstellen, wenn eine Sozialarbeiterin oder Heilpädagogin in der Schichtführung in einem Wohnbereich zuständig ist, wenn die Behandlungspflege dann doch als Vorbehaltsaufgabe den Pflegefachkräften bleibt. Wer dokumentiert dann? Da wir den Personalmangel auf längere Zeit noch bearbeiten müssen, ist mein Szenario nichts Spezielles – leider.

Die Eingliederungshilfe arbeitet schon lange mit „Fachkräften“

In der Eingliederungshilfe kennt man die Dienstplanprobleme schon, wenn „Fachkräfte“ keine Behandlungspflege durchführen können, weil sie ex. Heilerziehungspfleger sind. Ich erlebe jetzt schon Sozialpädagogen oder auch Heilerziehungspflegehelfer als Quereinsteiger ohne Ausbildung, die als „Fachkräfte“ in der Eingliederungshilfe eingesetzt werden schon seit Jahren. Sie führen Behandlungspflege durch, oft komplett ohne erlernte Kenntnisse, Medikamentengabe und -stellen und Verabreichung von Notfallmedikation wie Tavor u.m., Vitalzeichenkontrolle, BZ-Messung, Verbände, med. Thrombosestrümpfe oder auch einen Pütterverband anlegen.

Begründet wurde die Zuteilung der Aufgaben an die Eingliederungshilfe 2015 durch:

Drei Entscheidungen vom 25. Februar 2015 (Az.: B 3 KR 10/14 R und B 3 KR 11/14 R) und vom  22. April 2015 (Az.: B 3 KR 16/14 R) für die Eingliederungshilfe. Da wurde verfügt, dass sogenannte „einfachste Maßnahmen“ der häuslichen Krankenpflege, für die es keiner besonderen medizinischen Sachkunde oder medizinischer Fähigkeiten bedarf, von der Einrichtung selbst erbracht werden müssen.

Viele Einrichtungsleitungen der Eingliederungshilfe haben durch Personalschulung die fachlichen Lücken gefüllt – auf eigene Initiative/eigene Finanzierung, verlangt wird es nicht.

So bin ich auf die Umsetzung Bundesempfehlung zur Personalberechnung in der Altenhilfe gespannt, bleibe jedoch skeptisch.

Meine Meinung: der Stress bleibt!

Meine Seminarempfehlung

Hinweis der Dozentin: Jeden Beitrag habe ich gemäß meiner Erfahrung und meines Wissens geschrieben. Seit 23 Jahren sehe ich in meinen Seminaren als Dozentin für Pflegeberufe jährlich >1500 Mitarbeiter. Für Stammkunden – teilweise über Jahre – arbeite ich an den Konzepten der Mitarbeiterentwicklung mit. Aus diesem Blickwinkel sind meine Beiträge entstanden und das Angebot meines Wissens. Manche Vereinfachung von Sachverhalten, auch kleinere Unschärfen gehen an die Kürze und leichte Verständlichkeit der Berichte. Ein Blick in meine Seminarausschreibungen geben mehr und genauere Informationen, mehr noch in den Seminaren selbst. Andere Berufsgruppen in der Bewohner- und Patientenversorgung mögen eine unterschiedliche Sichtweise haben, die ich schätze und auch gerne für beide Seiten bereichernd diskutiere. Schreiben Sie an info@horvath-pflege.com.

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