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Harnkontinenz erhalten – ein Anliegen guter Pflege?

Inkontinenzmaterial-Harnkontinenz erhalten

Expertenstandard „Förderung der Harnkontinenz“ – Harnkontinenz erhalten

Die 1. Aktualisierung 2014 des Expertenstandards „Förderung der Harnkontinenz“ ist nur bedingt bei den Betroffenen angekommen.

Dafür gibt es eine Zahl, die eine Erklärung sein kann:

lt. Statista beträgt der Umsatz für Inkontinenzmaterial in 2023 in Deutschland 0,62 Mrd.€, mit einem Wachstumspotential von 1,92%/Jahr.

  • Ich möchte nicht misstrauisch klingen, doch welcher gewinnorientierte Betrieb hat Interesse, die Kontinenz für Menschen im höheren Alter zu erhalten? Produzierende Firmen strengen sich an für den Umsatzerhalt.
  • Der Personalmangel auf allen Ebenen in der Altenhilfe ist ein weiteres Argument, dass es bisher wenig Erfolge zu verzeichnen gibt bei der Umsetzung des Expertenstandards.

Harnkontinenz erhalten – weitere Fakten

Die Prävalenz von Inkontinenz bei Heimbewohnern ist sehr hoch, und es wird geschätzt, dass die meisten Bewohner von Pflegeheimen oder Altenheimen Inkontinenzmaterial tragen.

Eine systematische Überprüfung von 45 Studien zur Inkontinenz bei älteren Menschen, die 2014 veröffentlicht wurde, ergab, dass die Inkontinenzprävalenz bei älteren Menschen in Pflegeheimen oder Altenheimen zwischen 44% und 90% liegt, wobei die höchste Prävalenz bei Personen mit höherer Pflegebedürftigkeit zu beobachten war.

Da die Verwendung von Inkontinenzmaterial in der Pflege von älteren Menschen mit Inkontinenz ein wichtiger Bestandteil der Versorgung ist, ist es wahrscheinlich, dass eine hohe Anzahl von Heimbewohnern Inkontinenzmaterial trägt. Allerdings kann die genaue Prozentsatz stark variieren, abhängig von Faktoren wie der Art der Einrichtung, der Pflegebedürftigkeit der Bewohner und dem Schweregrad der Inkontinenz.

Gibt es die Möglichkeit, Angehörige einzubeziehen beim Kontinenztraining in der ambulanten Pflege, sieht es positiver aus.

Harnkontinenz erhalten – Menschenwürde erhalten

Die Erhaltung der Harnkontinenz ist ein wichtiger Aspekt, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und das Risiko von Komplikationen wie Harnwegsinfektionen und Dekubitus zu reduzieren.

Konkrete Maßnahmen der guten Pflege, die wir alle kennen:

  • Flüssigkeitsmanagement: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um die Harnkontinenz zu erhalten, aber es sollte auch vermieden werden, dass zu viel Flüssigkeit getrunken wird, insbesondere abends.
  • Blasentraining: Blasentraining ist eine Technik, die eingesetzt wird, um die Blasenkapazität und -kontrolle zu verbessern. Dabei wird der Patient angeleitet, die Blase regelmäßig zu entleeren, um eine Überdehnung der Blase zu vermeiden.
  • Beckenbodenübungen: Beckenbodenübungen können dazu beitragen, die Muskulatur im Beckenbereich zu stärken und die Harnkontinenz zu verbessern. Diese Übungen können einfach erlernt und regelmäßig durchgeführt werden.
  • Toiletten-Management: Regelmäßige Toilettengänge und das Einhalten eines festen Toilettenplans können helfen, die Blase zu trainieren und die Harnkontinenz zu verbessern.
  • Medikamente: Medikamente können eingesetzt werden, um die Blasenfunktion zu verbessern oder zu regulieren, insbesondere bei Patienten mit Inkontinenz oder überaktiver Blase.
  • Harnableitungssysteme: Harnableitungssysteme wie Katheter oder Harnbeutel können eingesetzt werden, um die Harnkontinenz bei Patienten zu unterstützen, die nicht in der Lage sind, ihre Blase selbstständig zu entleeren.
  • Ernährungsmanagement: Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Ballaststoffen ist, kann dazu beitragen, Verstopfungen zu vermeiden, die die Blase beeinträchtigen können.
  • Patientenedukation: Patienten sollten über die Bedeutung der Harnkontinenz und wie sie dazu beitragen können, ihre Blasenfunktion zu erhalten, informiert werden.
  • Hautpflege: Eine angemessene Hautpflege im Genitalbereich ist wichtig, um Hautirritationen und Infektionen zu vermeiden, die die Harnkontinenz beeinträchtigen können.
  • Sturzprophylaxe: Stürze können zu Harninkontinenz führen, daher sollten Maßnahmen zur Sturzprophylaxe ergriffen werden, um das Risiko von Stürzen zu minimieren

Harnkontinenz erhalten ist eine organisatorische Herausforderung

Kontinenztraining ist eine wirksame Maßnahme, um die Kontinenz von pflegebedürftigen Menschen zu verbessern oder zu erhalten. Personalmangel in der Pflege kann die Umsetzung von Kontinenztrainingsprogrammen erschweren. Hier sind einige mögliche Lösungen für das komplette Team:

  1. Gruppentraining: Kontinenztraining kann in Form von Gruppentraining durchgeführt werden, um die Ressourcen besser zu nutzen. Die Pflegekräfte können in der Gruppe den Trainingsprozess leiten, um sicherzustellen, dass die Übungen korrekt durchgeführt werden.
  2. Anleitung der Angehörigen: Angehörige können in den Trainingsprozess einbezogen werden, um die Pflegekräfte zu entlasten und das Training zu unterstützen.
  3. Schulung des Personals: Eine Schulung des Pflegepersonals kann dazu beitragen, dass die Kontinenztrainings effektiver und effizienter durchgeführt werden können.
  4. Technologie: Technologie kann eingesetzt werden, um das Kontinenztraining zu unterstützen, beispielsweise durch die Verwendung von Inkontinenz-Apps, die den Trainingsfortschritt der Person aufzeichnen und Pflegekräfte informieren können, wenn eine Person zusätzliche Unterstützung benötigt.
  5. Arbeitsteilung: Die Arbeitsteilung innerhalb des Pflegepersonals kann dazu beitragen, dass das Kontinenztraining effektiver durchgeführt wird. Die Pflegekräfte können die Aufgaben aufteilen, um sicherzustellen, dass die Person die volle Aufmerksamkeit erhält und das Training korrekt durchgeführt wird.
  6. Kontinuierliche Überwachung: Kontinuierliche Überwachung der Person kann dazu beitragen, dass die Pflegekräfte schnell auf Veränderungen reagieren und das Kontinenztraining entsprechend anpassen können.

Personalmangel und Harnkontinenz erhalten

der Umgang mit Inkontinenzmaterial bei gleichzeitigem Personalmangel in der Pflege kann eine Herausforderung darstellen, denn es ist ambivalent. Will ich Zeit sparen, Vorgänge automatisieren, ist die individuelle Sichtweise auf die einzelnen Bewohner, ihre Gepflogenheiten und Bedürfnisse in Gefahr.

Einige mögliche Maßnahmen, die in solchen Situationen jedoch ergriffen werden können:

  • Automatisierte Bestellung: Die Bestellung von Inkontinenzmaterial kann automatisiert werden, um sicherzustellen, dass es immer ausreichend Material zur Verfügung steht.
  • Rationaler Einsatz: Das Inkontinenzmaterial sollte rational eingesetzt werden, um unnötige Verschwendung zu vermeiden. Beispielsweise können Windeln in der Nacht seltener gewechselt werden, wenn die Person nicht so stark inkontinent ist.
  • Gruppenversorgung: Gruppenversorgung ist eine Option, bei der Personen mit ähnlichem Inkontinenzgrad in einer Gruppe zusammengefasst werden, um eine effizientere Versorgung zu ermöglichen.
  • Schulung des Personals: Schulung des Pflegepersonals in Bezug auf den richtigen Einsatz von Inkontinenzmaterial kann dazu beitragen, dass das Material effektiver genutzt wird und weniger Material verschwendet wird.
  • Einsatz von Alternativen: Der Einsatz von Alternativen wie wiederverwendbaren Inkontinenzprodukten oder wasserdichten Bettauflagen kann dazu beitragen, den Materialverbrauch zu reduzieren.
  • Zusammenarbeit mit Angehörigen: Angehörige können bei der Inkontinenzversorgung unterstützen, indem sie beispielsweise das Inkontinenzmaterial regelmäßig kontrollieren und bei Bedarf ersetzen.
  • Personalmanagement: Um den Personalmangel zu mildern, können Maßnahmen wie gezielte Personalrekrutierung, Schulung von Pflegehilfskräften oder Arbeitszeitanpassungen ergriffen werden.

Harnkontinenz erhalten mit einem individuellen Plan

Harnkontinenz erhalten anhand eines individuellen Kontinenztrainings bei Bewohnern im Pflegeheim könnte idealerweise wie folgt aussehen:

  • Evaluation: Eine Pflegekraft führt eine Bewertung des Bewohners durch, um festzustellen, welche Art von Inkontinenz er/sie hat und welche Faktoren dazu beitragen könnten. Die Pflegekraft berücksichtigt auch die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Bewohners und seine/ihre Pflegegeschichte.
  • Zielsetzung: Gemeinsam mit dem Bewohner und seinen/ihren Angehörigen legt die Pflegekraft Ziele fest, die erreicht werden sollen, beispielsweise die Reduktion von Inkontinenzepisoden oder die Verbesserung der Kontinenzfähigkeit.
  • Maßnahmen: Die Pflegekraft entwickelt eine individuelle Trainingsstrategie für den Bewohner, die auf seinen/ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten basiert. Das Training kann Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur, Verhaltensmodifikationen wie regelmäßige Toilettenbesuche oder Ernährungsanpassungen umfassen.
  • Durchführung: Die Pflegekraft führt das Kontinenztraining mit dem Bewohner durch, entweder in Einzel- oder Gruppensitzungen. Die Übungen werden regelmäßig wiederholt und der Fortschritt des Bewohners wird dokumentiert.
  • Überwachung und Anpassung: Die Pflegekraft überwacht den Fortschritt des Bewohners und passt das Training entsprechend an, um sicherzustellen, dass es effektiv bleibt. Der Bewohner wird ermutigt, seine Erfahrungen zu teilen und Feedback zu geben, um das Training auf seine/ihre Bedürfnisse abzustimme

Das wäre die richtige Vorgehensweise für Harnkontinenz erhalten als Anliegen einer guten Pflege.

Viele Faktoren sprechen gegen das Erreichen dieses Ziels – zumindest für den Großteil der Pflegebedürftigen. So stelle ich mir auch die Frage, wer außer den Betroffenen und den Pflegekräften hat Interesse am Erhalt der Kontinenz?

Denn was mich immer wieder sprachlos macht: auch beim Thema Kontinenz erhalten regiert das Geld die Welt – oder?

z.B.

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen kann pro Werktag 20 min. Werbung schalten, Werbung die die Menschenwürde nicht in Frage stellt so die Regel

  • Und was können wir sehen? Werbung für Inkontinenzeinlagen, von bekannten Marken, versehen mit dem Hinweis „Discret“ für Frauen, die mit <40Jahre auf einer Toilette sitzen und die Saugfähigkeit des Materials anpreisen???
  • Soll sich Frau schon mal daran gewöhnen, zum geschätzten jährlichen Umsatz in 2027 von 102,7 kg Inkontinenzmaterial ihren Beitrag zu leisten?

Wie es gehen kann, die Inkontinenz bis ins hohe Alter zu vermeiden, ist als Verfahrensanweisung/Konzeptstandard in allen Einrichtungen der Pflege vorhanden. Viele bemühen sich um das Thema mit besten Kräften. Die Eingliederungshilfe hat – aus meiner bescheidenen Dozentensicht – noch Bedarf, Handlungsleitlinien zu erarbeiten und die Mitarbeiter zu schulen. Doch auch da ist der Wille vorhanden.

Diesen Bericht möchte ich positiv abschließen, die Implementierung der Unterstützung zur Erhaltung der Kontinenz in Einrichtungen der Pflege ist zwar ein schwieriges Thema, doch an Lösungen wird gearbeitet. Aus meiner Dozentensicht immer dann, wenn Seminare dazu bei mir gebucht werden. Mit den gegebenen Umständen vor Ort versuche ich dann mit dem Team das Beste zu erreichen für die Mitarbeiter und damit vor allem für die Betroffenen selbst.

Meine Seminare dazu

Der verschwiegene Kummer mit der Kontinenz, der Expertenstandard hilft

Hinweis der Dozentin: Jeden Beitrag habe ich gemäß meiner Erfahrung und meines Wissens geschrieben. Seit 23 Jahren sehe ich in meinen Seminaren als Dozentin für Pflegeberufe jährlich >1500 Mitarbeiter. Für Stammkunden – teilweise über Jahre – arbeite ich an den Konzepten der Mitarbeiterentwicklung mit. Aus diesem Blickwinkel sind meine Beiträge entstanden und das Angebot meines Wissens. Manche Vereinfachung von Sachverhalten, auch kleinere Unschärfen gehen an die Kürze und leichte Verständlichkeit der Berichte. Ein Blick in meine Seminarausschreibungen geben mehr und genauere Informationen, mehr noch in den Seminaren selbst. Andere Berufsgruppen in der Bewohner- und Patientenversorgung mögen eine unterschiedliche Sichtweise haben, die ich schätze und auch gerne für beide Seiten bereichernd diskutiere. Schreiben Sie an info@horvath-pflege.com.
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