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Qualitätssicherung der Medikamentengabe in der Pflege

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Medikamentengabe und Qualitätssicherung

Die Qualitätssicherung der Medikamentengabe ist ein wichtiger Aspekt der Gesundheitsversorgung, insbesondere bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Erkrankungen, bei älteren Menschen und bei Personen mit Demenz oder kognitiven Beeinträchtigungen.

Laut einer Studie des Paul Ehrlich Institus (2013) können Medikationsfehler in verschiedene Kategorien eingestuft werden:

  • potenzieller Fehler (Verwechslung, falsche Dosierung, falscher Zeitpunkt – Pantozol!, fehlende Überwachung usw.)
  • Beinahe-Fehler (= schadensgeneigte Situation)
  • Fehler ohne schädliche Folgen, zum Beispiel eine Nebenwirkung
  • Fehler mit schädlichen Folgen, zum Beispiel mit Auftreten einer Nebenwirkung

Erfasst werden Daten dazu beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit ca. gespeicherten 1400 Fehler-Fallberichten/Jahr, bei denen sichtbar wird, dass 80% dem „Human Factor“ zuzurechnen ist.

Medikamentengabe – Fehlerquellen

Mitarbeiterschulung zur Qualitätssicherung ist mir deshalb sehr wichtig. Mein Antrieb für dieses Seminarthema liegt in einer Geschichte, die mir vor vielen Jahren passiert ist: Ich selbst habe im 3. Ausbildungsjahr – fast – einen Menschen bei Diabetes mellitus durch Verwechseln von Depot- und Human-Alt-Insulin einen großen Fehler gemacht. Nur durch Glück kam mir im rechten Moment der Verdacht, dass ich – vielleicht – das falsche Insulin gespritzt hatte. Die nach meinem Verdacht unverzüglich durchgeführte BZ-Kontrolle hatte das damals dann bestätigt und mit Arztanordnung und G10-Lösungen konnten wir den Schaden abwenden. Dafür bin ich heute noch dankbar.

In der Schule hatten wir die (damals übliche) 5 Regeln der Medikamentengabe durchgenommen – in der Theorie. In der Praxis, auf der Station herrschte auch früher schon Personalmangel und ich wurde ohne sorgfältige Anleitung zu früh mit dieser Aufgabe betraut. Im 3. Ausbildungsjahr nahm jeder an, ich könne das.

Mein Seminar zur Medikamentengabe beginne ich meist auch mit dieser Geschichte und vor allem erzähle ich von diesem Gefühl der Hilflosigkeit, als ich realisierte, was passiert war und der Hilflosigkeit bei der Erkenntnis „was drin ist, ist drin“. Ich will es auf keinen Fall dramatisieren, doch die Ernsthaftigkeit meiner/unserer Sorge damals war groß, denn ich hatte 48 IE Human-Alt-Insulin verabreicht und bis ich aufmerksam wurde, war schon >1 Std. vergangen. Die Erinnerung an dieses Ereignis hat mir geholfen, in meinem Arbeitsleben als aktive Krankenschwester sehr klar die Qualitätssicherung immer zu beachten. Besser einmal mehr nach den Regeln kontrollieren, als einmal zu wenig – auch im Notfall, bei der Reanimation (mein aktives Berufsende war in einer interdisziplinären Rettungsstelle)

Die Erinnerung ist bis heute wach.

Qualitätssicherung in der Medikamentengabe – welche Schritte sind wichtig?

  1. Medikationsplan erstellen: Ein Medikationsplan ist ein wichtiger Schritt zur Sicherstellung der korrekten Medikamentengabe. Er enthält alle vom Arzt verschriebenen Medikamente, die Dosierung, die Häufigkeit der Einnahme und den Zeitpunkt der Einnahme.
  2. Schulung der Gesundheitsdienstleister: Es ist wichtig, dass das Gesundheitspersonal über die korrekte Medikamentengabe und die möglichen Nebenwirkungen informiert ist.
  3. Überprüfung der Medikamentenliste: Bei jeder Aufnahme in ein Krankenhaus oder bei jeder Arztkonsultation sollten Mitarbeiter die aktuelle Medikamentenliste überprüfen, um sicherzustellen, dass die korrekten Medikamente verschrieben werden und keine Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Medikamenten auftreten.
  4. Überwachung der Medikamenteneinnahme: Das Gesundheitspersonal kann die korrekte Einnahme von Medikamenten überwachen und sicherstellen, dass Patienten ihre Medikamente regelmäßig einnehmen.
  5. Patientenaufklärung: Patienten sollten über die korrekte Einnahme ihrer Medikamente informiert werden, einschließlich der richtigen Dosierung, Häufigkeit und Zeitpunkt der Einnahme. Sie sollten auch über mögliche Nebenwirkungen informiert werden und darüber, was zu tun ist, wenn sie auftreten.
  6. Überprüfung der Medikamentenverträglichkeit: gerade bei älteren Menschen und Patienten mit Demenz oder kognitiven Beeinträchtigungen sollten Mitarbeiter mögliche Medikamentenverträglichkeiten überwachen.
  7. Einbeziehung von Angehörigen: Angehörige können bei der Überwachung der Medikamenteneinnahme und der Beobachtung möglicher Nebenwirkungen helfen.

Medikamentengabe – 5er Regel, 6er Regel?

Die Regeln der Medikamentengabe können je nach Art des Medikaments und Zustand des Patienten variieren.

Dem richtigen Patienten, das richtige Medikament, zum richtigen Zeitpunkt, die richtige Dosierung, in der richtigen Art und Weise, mit der richtigen Dokumentation.

  • Medikamentenkunde: Bevor die PK einem Patienten ein Medikament gibt, sollte sie über Wirkstoffe, Dosierung, mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten informiert sein. Anhaltende und wiederkehrende Medikamentenschulungen gehören zum Wissen der Pflegefachkraft, damit sie die Durchführungsverantwortung übernehmen kann. Schulungen zur Schmerztherapie (WHO-Stufenschemo), Substitutionstherapien bei chronischen Erkrankungen, Einsatz von Neuroleptika usw. gehören außerdem dazu, damit Arzt und Pflegefachkraft partnerschaftlich interagieren können.
  • Verordnungsüberprüfung: Die Verordnung ist die Arztanweisung, eine Pflegekraft ist für die Übernahme der Delegation verantwortlich. Deshalb muss sie mit ihrem Wissen die Verordnung überprüfen, um sicherzustellen, dass das richtige Medikament in der richtigen Dosis verabreicht wird.
  • Den richtigen Patienten absichern: Krankenbeobachtung Allergien (Metamizol), Krankheiten oder andere Faktoren (z.B. Schluckstörungen oder Darmentzündungen mit Adhäsionen, die die orale Einnahme ineffizient machen), die die Einnahme des Medikaments beeinträchtigen könnten.
  • Medikament vorbereiten: die richtige Dosierung abmessen, der richtige Zeitpunkt und das Medikament in der richtigen Form bereitstellst (z.B. flüssig oder in Tablettenform), Überprüfung, ob das Medikament geteilt und/oder gemörsert werden darf
  • Medikamentenverabreichung gemäß der Verordnung: auf die richtige Art und Weise, per os, sublingual, s.c., intracutan usw.
  • Überwachung nach der Medikamentengabe: Nebenwirkungen, Kumulation, allergische und unerwünschte Reaktionen.
  • Dokumentation: Name des Medikaments, die Dosis, die Art der Verabreichung, den Zeitpunkt der Verabreichung und die Krankenbeobachtung
  • Entsorgung: übrig gebliebene Medikamente und die Verpackung werden entsprechend den örtlichen Vorschriften und Anweisungen entsorgt.

Medikamentengabe – Verantwortlichkeiten

In der Altenpflege und in Reha-Einrichtungen und Krankenhaus bleibt die Medikamentengabe bei den Pflegefachkräften. Grundpflegekräfte dürfen den (orientierten) Patienten dazu befähigen, ein Medikament selbstätig einzunehmen (geblisterte Medikamente bei Apothekenvertrag).

In der Eingliederungshilfe werden auch Nicht-Fachkräfte geschult, die Medikamentengabe durchzuführen. Haftungsrechtliche Regeln einzuhalten ist hier schwieriger, vor allem in Werkstattbetreuung bekommen ambulante Klienten ihre Medikamente zuhause oder haben den Tagesvorrat in einer Pillendose dabei – ohne Beipackzettel oder Medikamentenplan.

Ohne Qualitätssicherung und Training der Regeln bleibt es beim „Human Factor“ als große Fehlerquelle.

Seminare dazu:

Hinweis der Dozentin: Jeden Beitrag habe ich gemäß meiner Erfahrung und meines Wissens geschrieben. Seit 23 Jahren sehe ich in meinen Seminaren als Dozentin für Pflegeberufe jährlich >1500 Mitarbeiter. Für Stammkunden – teilweise über Jahre – arbeite ich an den Konzepten der Mitarbeiterentwicklung mit. Aus diesem Blickwinkel sind meine Beiträge entstanden und das Angebot meines Wissens. Manche Vereinfachung von Sachverhalten, auch kleinere Unschärfen gehen an die Kürze und leichte Verständlichkeit der Berichte. Ein Blick in meine Seminarausschreibungen geben mehr und genauere Informationen, mehr noch in den Seminaren selbst. Andere Berufsgruppen in der Bewohner- und Patientenversorgung mögen eine unterschiedliche Sichtweise haben, die ich schätze und auch gerne für beide Seiten bereichernd diskutiere. Schreiben Sie an info@horvath-pflege.com.
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